Texte Alltagshelden:innen

 

Angel

Angel, ein jüdischer Mann, der eine der berühmtesten Bäckereien Deutschlands besitzt, erzählt oft seine unglaubliche Überlebensgeschichte: "Weißt du, warum ich heute am Leben bin? Es ist wegen dem, was passiert ist, als ich noch ein Teenager war, während des Holocaust.

Die Nazis brachten uns in eiskalten Waggons nach Auschwitz. Wir waren tagelang ohne Essen, ohne Betten und ohne Möglichkeit, uns warm zu halten. Die Nächte waren unerträglich kalt, überall Schnee. Der eisige Wind verbrannte unsere Haut und wir zitterten alle. Wir waren zu Hunderten in diesen schrecklichen Waggons.

Neben mir saß ein älterer Mann aus meiner Stadt, den jeder liebte. Er zitterte unkontrolliert und sah so schwach aus. Ich schlang meine Arme um ihn und versuchte, ihn aufzuwärmen. Ich umarmte ihn fest, rieb seine Hände, Beine, sein Gesicht und seinen Hals und flehte ihn an, sich festzuhalten.

Obwohl ich fror und erschöpft war, massierte ich ihn weiter, um seinen Körper warm zu halten. Die Nacht schien endlos.

Als der Morgen endlich kam, ging die Sonne auf. Ich sah mich um und war entsetzt. Alle anderen Menschen im Zug waren in der Nacht erfroren. Die Stille war gespenstisch.

Aber es gab zwei Überlebende: den alten Mann und mich. Er überlebte, weil ich ihn warm hielt, und ich überlebte, weil ich so hart arbeitete, um ihn zu wärmen.

Das lehrte mich eine wichtige Lektion über das Leben: Wenn man das Herz eines anderen erwärmt, erwärmt man auch sein eigenes. Wenn man andere unterstützt, ermutigt und sich um sie kümmert, erhält man auch Kraft und Unterstützung in seinem eigenen Leben.“

(Quelle: Grant de Graf LInkedIn)

Bildnachweis: Tanya Kalchenko

 

Sofia Kowalewskaja

Sie war Mathematikerin, Revolutionärin, Schriftstellerin, Ehefrau und Mutter. Sofia Kowalewskaja wurde im Januar 1850 in einer gebildeten russischen Landadelsfamilie geboren und zeigte sich schon als Kind von der Mathematik fasziniert. Sie selbst führte ihre Leidenschaft für dieses Fach in ihren Jugenderinnerungen u.a. auch auf einen glücklichen Zufall zurück: Die Niederschriften der mathematischen Vorlesungen des Vaters klebten als Tapetenersatz an den Wänden des Kinderzimmers im Landsitz, und die kleine Sofia brachte Stunden und Tage mit dem Versuch zu, den Sinn der mathematischen Formeln zu ergründen.

1868 heiratete sie zum Schein Wladimir Kowalewski, denn nur als verheiratete Frau bekam sie einen Pass, um im Ausland zu studieren. Solche Gefälligkeitsehen waren unter den russischen NihilistInnen üblich, zu denen auch Sonja gehörte und die jede Art von Unterdrückung bekämpften.

Während ihres Studiums in Deutschland vermochte sie die zeitgenössischen Gelehrten durch überragende mathematische Fähigkeiten so zu beeindrucken, dass diese ihre frauenfeindlichen Einstellungen zumindest gegenüber der schüchternen und bescheidenen Ausländerin Sofia Kowalewskaja überwanden. Obgleich ihr mathematisches Können unbestritten war, die Göttinger Universität sie 1884 in absentia (= ohne mündliche Prüfungen) promovierte und sie 1888 internationalen Ruhm mit der höchsten Auszeichnung, dem in Paris verliehenen Prix Bordin, errang, ermöglichte ihr nur die schwedische Universität in Stockholm kurz vor ihrem Tode eine Professur und damit ein Auskommen. In der Zwischenzeit gebar Sofia Kowalewskaja eine Tochter, aber ein Familienglück erlebte sie schon wegen der ständigen Geldsorgen nicht.

Am Selbstmord ihres Mannes hat sie sich mitschuldig gefühlt und den Schmerz über den Tod ihrer geliebten Schwester durch schriftstellerische Tätigkeit zu überwinden versucht.

In Stockholm fühlte sie sich nicht heimisch. Ihr Wunsch, in ihrem Heimatland eine Professur zu bekommen, erfüllte sich nicht. Die vielen Reisen zwischen Russland und dem Ausland (Stockholm und Paris, wo ihre Schwester wohnte) strapazierten ihre Gesundheit. An dem Hin- und Hergerissensein zwischen dem Wunsch nach einem glücklichen und geruhsamen Privatleben und den aufreibenden Anforderungen, wissenschaftliche Höchstleistungen zu vollbringen, verzehrten sich ihre seelischen und körperlichen Kräfte.

Sie starb mit 41 Jahren an einem Lungenleiden. 
(Text von 1991)

(Quelle: FemBio / Frauenbiografie-Forschung)

Oskar Schindler

Oskar Schindler wurde am 28. April 1908 in Svitavy / Tschechien geboren. In den Dreißiger Jahren trat er der NSDAP bei, war sogar für die Nazis tätig. Nach der Eroberung Polens im Spätherbst 1939 betrieb Schindler im besetzten Krakau eine Emaillefabrik, für die Juden und Polen als billige Arbeitskräfte angeworben wurden.

Hier begann eine Wandlung Schindlers, der bis dahin als Glücksspieler, Trinker, Frauenheld und Kriegsgewinnler beschrieben wurde.

Ihn widerte die Behandlung der hilflosen jüdischen Bevölkerung an. Schindler sorgte unter Einsatz seines ganzen Vermögens für Unterbringung, Kleidung und Ernährung der Zwangsarbeiter seiner Fabrik. Auch bestach er Gestapo-Beamten und andere einflussreiche Nazigrößen. Schindler trank und spielte mit dem berüchtigten Kommandanten des KZ Plaszow bei Krakau, Amon Göth, wenn es um die Sicherheit ,,seiner Kinder” ging, wie er die ihm zugewiesenen Zwangsarbeiter nannte.

Schindler wurde mehrmals von der Gestapo vernommen, die ihn wegen Unregelmäßigkeiten oder der Begünstigung von Juden verdächtigte, was Schindler aber nicht abschreckte.

1943 reiste Schindler auf Einladung einer jüdischen Organisation nach Budapest, wo er sich mit ungarischen Juden traf. Er schilderte diesen die verzweifelte Lage der polnischen Juden und diskutierte Hilfemöglichkeiten.

Bei der Auflösung des Gettos in Krakau konnte Schindler die Genehmigung erwirken, auf seinem Fabrikgelände ein eigenes Lager für seine Arbeiter einzurichten.

1944 schließlich konnte er seine Fabrik mit rund 1.200 Zwangsarbeitern vor den anrückenden Russen nach Brünnlitz im Sudetenland evakuieren, wo sie bei Kriegsende befreit wurden. Die Übersiedlung der Männer in das Arbeitslager Brünnlitz begann am 15. Oktober 1944 und erfolgte über das KZ Gross-Rosen dem das Arbeitslager Brünnlitz als Nebenlager zugeordnet war.

Der Transport der Frauen führte über Ausschwitz, da eine SS-Vorschrift verlangte, dass alle Häftlinge, Männer wie Frauen, in Quarantäne kamen, bevor sie in ein anderes Lager verlegt wurden. Schindler gelang es, die Männer aus dem Lager Groß-Rosen zu retten.

Sein persönlicher Sekretär schaffte es, in Auschwitz den Weitertransport der Frauen auszuhandeln, indem er der Gestapo 7 Mark pro Tag und Kopf versprach. Dies ist der einzig bekannt gewordene Fall, in dem eine so große Gruppe die Vernichtungslager verlassen durfte, solange diese in Betrieb waren. Keiner der in Schindlers Fabrik arbeitenden Juden ist eines gewaltsamen Todes gestorben. Nach dem Ende des Krieges war Oskar Schindler 1949 nach Argentinien ausgewandert, hatte aber keinen Erfolg mit seinen geschäftlichen Unternehmungen. Auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er auf die Unterstützung von Freunden angewiesen, so dass er am Ende seines Lebens völlig mittellos war. Er besuchte 1962 Israel, wo ihm die Schindler-Juden einen triumphalen Empfang bereiteten.

Über die letzten Lebensjahre Oskar Schindlers ist nur wenig bekannt. Oskar Schindler lebte ein „geteiltes“ Leben: Die eine Hälfte des Jahres verbrachte er in Deutschland, die andere Hälfte des Jahres verweilte er bei den von ihm geretteten Juden in Jerusalem. Dieses Leben führte Oskar Schindler bis zu seinem Tod 1974. Er scheint nur noch den Kontakt mit dem engsten Freundeskreis aufrecht gehalten zu haben. Seit 1972 hielt er sich mehrmals für einige Wochen in Hildesheim auf, wo ihn Freunde, die er 1970 in Israel kennen gelernt hatte, aufgenommen hatten.

Schindler starb am 9.10.1974 im St. Bernwardkrankenhaus in Hildesheim. Oskar Schindler wurde auf dem katholischen Friedhof am Zionsberg in Jerusalem bestattet.

Einer breiten Öffentlichkeit in Deutschland und der Welt wurde er aber erst durch StevenSpielbergs 1994 mit sieben ”Oskars” ausgezeichneten Film ”Schindlers Liste” bekannt, der auf dem 1982 erschienenen, gleichnamigen Buch des Australiers Steven Keneally basiert.

https://youtu.be/B2E4EabeBiQ 

Für Historiker wertvoll war auch der Fund eines Koffers 1999 auf einem Dachboden hier in Hildesheim mit Originaldokumenten und Briefen von Oskar Schindler.

Dieser Koffer befindet sich seitdem in Israel in der Gedenkstätte Yad Vashem .

(Quelle: Oskar Schindler Gesamtschule Hildesheim)

Aniela Barylak

Während der Nazi-Besatzung lebte Aniela Barylak mit ihrem Mann Jan und ihren beiden Kindern im polnischen Nadwórna. Im Herbst 1941, während des jüdischen Feiertags Sukkot, überfielen die Deutschen die Stadt und verhafteten alle Juden.

Viele Juden wurden bei diesem Überfall getötet, darunter die gesamte Familie Einhorn, mit Ausnahme eines achtjährigen Mädchens namens Jafa Einhorn (später bekannt als Kurz). Jafa sprach fast kein Polnisch oder Ukrainisch und wurde ganz allein gelassen. Aniela, selbst Mutter, konnte es nicht ertragen, das Kind im Stich zu lassen. Sie nahm Jafa auf, fütterte und badete sie und schuf ihr einen sicheren Platz zum Schlafen.

Das Risiko für Aniela und ihre Familie war enorm. Wenn die deutschen Behörden sie gefunden hätten, wären sie alle getötet worden.

Dennoch ignorierte Aniela den Druck von Familie und Freunden, Jafa auszuliefern, und beschützte sie bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, auch ohne eine Belohnung oder Anerkennung zu erwarten.

Auf ihrem Sterbebett bat Aniela ihre Tochter Teresa, mit Jafa in Verbindung zu bleiben, und sagte ihr, dass Jafa alles sei, was sie habe

Jahre später, am 16. Juli 2007, ehrte Yad Vashem Aniela Barylak als Gerechte unter den Völkern, ein Titel, der an Menschen verliehen wird, die ihr Leben riskierten, um Juden während des Holocaust zu retten.

(Quelle: Grant de Graf)

Yam Glass

Sergeant Yam Glass war am 7.10.23 als Beobachtungskommandant im Dienst. Während des Angriffs der Hamas mobilisierte sie Truppen, um die Siedlungen zu verteidigen, bis ihr Stützpunkt durchbrochen und Yam brutal ermordet wurde.

Yam hatte ein natürliches Talent für Musik und Kunst. Möge ihr Andenken ein Segen sein. 🥀

Ghetto Bialystok Polen

Ende 1941 befand sich im Ghetto Białystok (Polen) ein wunderschönes Baby namens Michael Rozenszein in einem sehr schlechten Zustand. Sein Vater kämpfte irgendwo in Polen für die Freiheit, und seine Mutter Genia war von den Nazis ermordet worden. Michaels Tante wusste, dass er nicht mehr lange im Ghetto überleben würde, also kontaktierte sie Genowefa Majcher, eine junge Polin, die Genia kannte.

Genowefa erklärte sich sofort bereit, das Baby aufzunehmen. Dann drang sie in das Ghetto ein und schaffte es, ihn herauszuschmuggeln. Tag für Tag, Woche für Woche gab Genowefa Michael all die Fürsorge, Liebe und Aufmerksamkeit, die er brauchte. Zu dieser Zeit war sie noch nicht verheiratet und lebte bei ihrer Mutter, die der Meinung war, dass sie zu viele Risiken einging. Jeder wusste, was mit Menschen geschah, die einem Juden halfen oder ihm Unterschlupf gewährten, aber Genowefa war eindeutig bereit zu sterben, um diesen kleinen Jungen zu retten.

Um keinen Verdacht zu erregen, ließ sie ihn in der Öffentlichkeit taufen und gab ihm einen christlichen Namen. Michael liebte Genowefa genauso sehr wie sie ihn liebte, und gemeinsam überlebten sie die deutsche Besatzung.

1944 verließ Michaels Vater, der noch lebte, kurzzeitig seine Kameraden, um seinen Sohn zu finden. Als er das tat, nahm er seinen kleinen Jungen in den Arm und brach in Tränen aus. Als er sah, dass sein Sohn in sehr guten Händen war, kehrte er in den Kampfdienst zurück und kehrte zurück, als der Krieg vorbei war.

Michael und Genowefa blieben in Kontakt und vergaßen sich nie. Im Jahr 2003 wurde Genowefa Majcher von Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern anerkannt. Im selben Jahr starb diese außergewöhnliche Frau."

Zeit, nach Hause zu gehen

(Quelle: Grant de Graf)

Maximilian Kolbe

Eine wahre Begebenheit aus dem Konzentrationslager Auschwitz 1941.

Es gab einen Gefangenenausbruch. Als Vergeltungsmaßnahme sollten 10 Mitgefangene sterben, indem sie in einem speziellen Bunker gesperrt wurden, um dort langsam und qualvoll zu verhungern. Die Lagerinsassen mussten antreten und den ganzen Tag lang in der Hitze warten, bis der deutsche Kommandant und ein Gestapo-Mann eine willkürliche Auswahl aus den hungernden, vor Angst zitternden Gefangenen trafen.

Als der Kommandant auf einen Mann namens Francis Gajoniczev zeigte, rief dieser verzweifelt: ‚Meine arme Frau und Kinder!‘

Im nächsten Moment trat ein unscheinbar wirkender Mann mit eingesunkenen Augen und Nickelbrille aus der Reihe und nahm seine Mütze ab. Kommandant: ‚Was will dieses Polenschwein?‘

‚Ich bin katholischer Priester, ich möchte für diesen Mann sterben. Ich bin alt; er hat Frau und Kinder, ich habe niemanden‘, sagte Pater Maximilian Kolbe. Der Priester mit neun anderen Gefangenen wurde in den Hungerbunker gesperrt.

Normalerweise hätten sie einander wie Kannibalen in Stücke gerissen, doch diesmal war es anders. Solange sie noch Kraft hatten, beteten und sangen sie, nackt auf den Boden liegend. Nach zwei Wochen waren noch drei Männer und Pater Maximilian am Leben. Am 14. August um 12:50 Uhr bekam er bei vollem Bewusstsein eine Phenolspritze und starb.

Er wurde 47 Jahre alt. Am 10. Oktober 1982 auf Petersplatz in Rom wurde der Tod Pater Maximilians ins rechte Licht gerückt. Unter den 150000 Menschen war auch Francis Gajoniczev, dazu seine Frau, seine Kinder und Enkelkinder. Der Tod eines Mannes hatte das Leben vieler Menschen ermöglicht.

Pure Gnade hat Francis gerettet.

(aus LinkedIn)

Lily Ebert

"Was getan wurde, kann nicht ungeschehen gemacht werden, aber man kann verhindern, dass es wieder geschieht." - Anne Frank

Die Welt hat Anne Frank damals in den Niederlanden im Stich gelassen - und sie hat sie in der vergangenen Nacht (8.11.2024) in Amsterdam erneut im Stich gelassen, als Juden wieder auf der Strasse gejagt, geschlagen, gerammt, erstochen und in den Kanal geworfen wurden. Und das alles am Wochenende des Jahrestages der Reichsprogromnacht - der Novemberprogrome in Nazi-Deutschland 1938.

Das ist Europa 2024.

Das ist der Grund, warum Israel existiert: ein Zufluchtsort vor genau dieser Art von unangefochtenem, unprovoziertem Antisemitismus. Das ist es, was eine "globale Intifada" bedeutet, und ich fürchte, was als nächstes passieren könnte, wenn Schweigen herrscht.

Nichtjuden fragen oft: "Wie kann ich helfen?" Teilen Sie Beiträge wie diese. Verstärken Sie unsere Stimme. Zeigen sie der Welt, wie wir uns als Juden in diesem Moment fühlen.

Nie wieder ist jetzt.

Mit meiner damals 100-jährigen Urgrossmutter Lily Ebert, einer Ausschwitz-Überlebenden, die schockiert und im Stich gelassen war vor der steigenden Flut des Antisemitismus auf unseren Strassen, die die Schrecken der Vergangenheit widerspiegelte.

(Quelle: Dov Forman)

Irena Sendler

Während des Zweiten Weltkriegs erhielt Irena Sendler, gestorben 12. Mai 2008 im Alter von 98 Jahren, die Erlaubnis, im Warschauer Ghetto als Klempner / Kanalisationsspezialistin zu arbeiten. Sie hatte einen Hintergedanken.

Irena schmuggelte jüdische Kleinkinder auf dem Boden des Werkzeugkastens, den sie bei sich trug. Sie hatte auch einen Leinensack auf der Ladefläche ihres Lastwagens für größere Kinder.

Irena hielt einen Hund auf der Ladefläche, den sie dazu abgerichtet hatte, zu bellen, wenn die Nazisoldaten sie ins Ghetto hinein- und wieder hinausließen. Die Soldaten wollten natürlich nichts mit dem Hund zu tun haben, und das Bellen übertönte die Geräusche der Kinder/Kleinkinder. Während dieser Zeit gelang es ihr, 2500 Kinder/Säuglinge hinauszuschmuggeln und zu retten.
Letztendlich wurde sie jedoch gefasst und die Nazis brachen ihr beide Beine und Arme und schlugen sie schwer.

Irena führte eine Liste mit den Namen aller Kinder, die sie hinausgeschmuggelt hatte, in einem Glasgefäß, das sie unter einem Baum in ihrem Hinterhof vergrub. Nach dem Krieg versuchte sie, alle Eltern ausfindig zu machen, die möglicherweise überlebt hatten, und versuchte, die Familie wieder zusammenzuführen. Die meisten waren vergast worden. Die Kinder, denen sie half, wurden in Pflegefamilien untergebracht oder adoptiert.

(Quelle Bernhard Dura)

Rosinenbomber

Halvorsen war der erste Pilot, der vor der Landung auf dem Flughafen Tempelhof im US-Sektor Berlins für die dort neugierig auf kleinen Trümmerbergen auf der Neuköllner Seite wartenden Kinder an kleinen Fallschirmen befestigte Süßigkeiten abwarf.

Diese Aktionen („Operation Little Vittles“ – Operation Kleiner Proviant) brachten den an der Luftbrücke beteiligten Piloten und Flugzeugen den Namen „Rosinenbomber“ (in den USA „Candy Bomber“) ein. 

Da die Flugzeuge in Tempelhof im 90-Sekunden-Takt einflogen, konnten die wartenden Kinder seine Maschine vom Boden aus nicht von den anderen unterscheiden. Er ließ die Kinder deshalb wissen, dass er beim Anflug mit den Tragflächen „wackeln“ würde, um sich zu erkennen zu geben. Das brachte Halvorsen den Spitznamen „Onkel Wackelflügel“ (Uncle Wiggly Wings) ein.

Diese Aktionen wurden bald von der Presse aufgegriffen und publiziert. Dies löste eine Welle der Unterstützung aus, Halvorsen und seine Crew hatten bald täglich 425 Kilo Süßigkeiten zum Abwurf zur Verfügung. Zum Ende der Luftbrücke hatten insgesamt etwa 25 Flugzeugbesatzungen 23 Tonnen Süßigkeiten über Berlin abgeworfen. Als Motiv für den Abwurf von Schokolade, Kaugummi und anderen Süßigkeiten äußerte Halvorsen, dass er es getan habe, um den an Not und Entbehrungen gewöhnten Kindern im zerbombten Berlin eine Freude zu machen. Viele Zeitzeugen sind sich einig, dass diese Aktionen das Bild der US-Amerikaner im Nachkriegsdeutschland maßgeblich positiv beeinflusst haben.

2004 plante der inzwischen über 80-jährige Gail Halvorsen eine mit den „Rosinenbombern“ vergleichbare Aktion für die Kinder im Irak. Die Idee entstand bei einem Vortrag, den er an der Universität von Dayton in Ohio hielt. In der anschließenden Diskussion entstand die Idee, Süßigkeiten über Schulhöfen im Irak abzuwerfen. Unterstützung für dieses Projekt wurde aus der Wirtschaft und Hilfsorganisationen zugesagt. Die Genehmigung der US-Armee wurde ihm nicht erteilt.

Bei den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Endes der Luftbrücke flog Halvorsen im Mai 2009, diesmal als Passagier, erneut in einem „Rosinenbomber“ über das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof und warf rund 1000 Schokoladenpäckchen über dem Rollfeld ab.[

(Quelle Wikipedia)

Alice und Paul Grüninger-Federer

Referat vor dem Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen, 22. November 2017

Meine Damen und Herren, vielen Dank für die Einladung

Wenn man von Paul Grüninger erzählt, der Flüchtlinge gerettet hat, dann muss man immer auch über die Flüchtlinge sprechen, die von ihm gerettet wurden. Ich hatte das grosse Privileg, noch mehrere Dutzend jüdische Flüchtlinge persönlich zu kennen, die dank Paul Grüninger und anderen Helfern oder Helferinnen hier im Kanton St. Gallen aufgenommen wurden und deshalb am Leben bleiben durften. Sie hiessen zum Beispiel Karl und Susi Haber, Benno Mehl und Sally Seifert, Erich Billig, Harry Weinreb, Rosa Schkolnik, Lilly Badner oder Klara Birnbaum, Judith Kohn, Lotte Bloch und so weiter – und sie wohnten, als ich sie kennenlernte, in aller Welt: in Europa, in Amerika, in Israel. Sie waren Zeitzeugen für meine Recherchen – sie wurden Zeugen im Prozess zur Rehabilitierung von Paul Grüninger. Mittlerweile sind fast alle diese Überlebenden in hohem Alter gestorben. Die meisten haben Kinder und Enkel hinterlassen.                                              

Ich hatte allerdings auch das Privileg, einzelne jüdische Flüchtlinge zu kennen, die damals an der Schweizer Grenze zurückgewiesen und deshalb in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert worden sind. Fast keine, sehr wenige haben diese Lager überlebt. Einer der bekanntesten ist Joseph Spring, der Ende der 1990er Jahre die Schweiz mit unserer Hilfe – mit der Hilfe von Paul Rechsteiner und mir – verklagte und Gerechtigkeit verlangte – in Form einer Wiedergutmachung für ein Verbrechen gegen die Menschheit, das 1943 von Schweizer Beamten an ihm begangen worden war.

Bevor ich über den Fall Grüninger rede, möchte ich zuerst kurz von Joseph Spring erzählen, dies nicht zuletzt weil ich ihn gerade vor zwei Wochen in Melbourne, Australien, besuchte, wo er mit 90 Jahren, mit Ehefrau, Söhnen und Enkelkindern heute noch lebt.

Joseph Spring

Joseph Spring stammte aus Berlin. Er kam Mitte November 1943 mit zwei Cousins bei La Cure im Waadtland über die Schweizer Grenze. Sie flüchteten vor den Massenverhaftungen und Deportationen, die seit Sommer 1942 in Belgien, Holland und Frankreich stattfanden, und mit denen die Jüdinnen und Juden nach Osteuropa zur Vernichtung gebracht wurden. Spring war 16 Jahre alt, er begleitete zwei Cousins, 14 und 21 Jahre, alle drei hatten zwar gefälschte französische Papiere, die sie als «Arier» auswiesen, doch bei den Schweizern gaben sie ihre wahre Identität sofort zu erkennen.

Die jüdische Herkunft und die Verfolgung erschienen ihnen als Grund für Asyl.

Doch die Schweizer Grenzwächter wiesen die drei Flüchtlinge ab und schickten sie zurück. Als sie in der nächsten Nacht noch einmal versuchten, sich in die Schweiz zu retten – ein 21-Jähriger, ein 16-Jähriger, ein 14-Jähriger, wurden sie von Schweizer Beamten festgenommen und der Gestapo als Gefangene ausgeliefert. Während die Schweizer Grenzwächter die drei Burschen am 15. November 1943 den Deutsche übergaben, wiesen sie ihre Kollegen noch extra darauf hin, dass es sich hier um Juden handelte.

Sie händigten der Geheimen Staatspolizei auch die richtigen Papiere aus, welche die Flüchtlinge in ihre Rucksäcke eingenäht hatten. Am Tag der Ankunft im Vernichtungslager Auschwitz wurden die beiden Cousins – sie hiessen Henri und Sylver Henenberg – sofort vergast.

Joseph Spring jedoch überlebte Auschwitz auf wunderbare Weise und dank der Hilfe eines älteren Mannes, der ihn beschützte. Spring überlebte mit unwahrscheinlichem Glück auch zwei Todesmärsche und weitere Lager in Deutschland, bis ihn im April 1945 amerikanische Truppen befreiten.

Zum Zeitpunkt von Springs Auslieferung an die Deutschen – im November 1943 – hatte man übrigens in Bern über die Vorgänge in den Vernichtungslagern bereits ziemlich detailliert Bescheid gewusst. Man besass sogar Zahlen über die Kapazitäten der Krematorien von Auschwitz in den Akten, wie wir heute aus der historischen Forschung wissen. Niemand von den Schweizer Beamten, die Joseph Spring zur Gestapo brachten, konnte 1943 erwarten, dass Joseph Spring seine Auslieferung überleben würde.

Meine Damen und Herren, ich bin Historiker und nicht Jurist. Paul Rechsteiner kann Ihnen erzählen, wie und warum Joseph Spring den Prozess um Wiedergutmachung mehr als 50 Jahre nach der Auslieferung vor dem Schweizerischen Bundesgericht verloren hat. Und warum andererseits Paul Grüninger, der gerade solche Verbrechen an Flüchtlingen verhinderte, wenige Jahre früher – nämlich 1995 – vom Bezirksgericht St. Gallen rehabilitiert worden ist.

Ich möchte Ihnen kurz berichten, wer Paul Grüninger gewesen ist und was er tat.

Paul Grüninger

Paul Grüninger, von Beruf Primarlehrer, wurde Mitte der 1920er Jahre Polizeikommandant des Kantons St. Gallen. Er gehörte der freisinnig-demokratischen Partei an, ab 1930 hatte er in Regierungsrat Valentin Keel einen sozialdemokratischen Vorgesetzten. Grüninger war evangelisch, er scheint jedoch seine Religion so wenig aktiv wie seine Parteizugehörigkeit praktiziert zu haben. Seine Leidenschaft war der Fussball, zweimal präsidierte er den St. Galler Fussballclub SC Brühl, ansonsten blieb er unauffällig. Ein guter, pflichtbewusster Beamter und Staatsbürger, ein eher ruhiger, aber leutseliger Mann, wie manche sagen. Ein sorgender Familienvater.

Mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland und des Austrofaschismus in Österreich veränderte sich die Lage an der Ostschweizer Grenze in den 1930er Jahren radikal. Waren es zuvor vor allem Staatenlose und Vertriebene aus dem Ersten Weltkrieg gewesen, die an dieser Grenze hin- und hergeschoben wurden, so kamen jetzt plötzlich politische Flüchtlinge über Rhein und Bodensee: Verfolgte Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten, bald auch Spanienfreiwillige, also europäische Linke und Demokraten, die auf republikanischer Seite im Spanischen Bürgerkrieg mitkämpfen wollten. Der Transfer von Spanienkämpfern war in der Schweiz wie in den umliegenden Ländern verboten. Um ihn zu ermöglichen, entstanden im St. Galler Rheintal erste Schlepperorganisationen.

Im März 1938 eroberte Deutschland das Nachbarland Österreich. Die Bevölkerung stand an der Strasse und jubelte den Invasoren zu. Sofort nach diesem sogenannten Anschluss setzten in Österreich, vor allem in Wien, gewaltige Pogrome ein, Jüdinnen und Juden wurden auf die Strasse getrieben und gequält, man raubte sie aus, liess sie das Pflaster mit Zahnbürsten putzen, verprügelte sie, steckte sie in Konzentrationslager, schlug sie tot oder trieb sie in den Selbstmord. Eine Massenflucht begann. Viele Juden und Jüdinnen wurden in Wien verhaftet und nur unter der Bedingung freigelassen, dass sie in kürzester Zeit – in 24 Stunden – das Land verliessen. Viele Familien schickten zuerst die am stärksten bedrohten, erwachsenen oder halbwüchsigen Söhne, danach die Töchter ins Ausland, und für die Eltern, die zuletzt fliehen wollten, war es am Ende dann oft zu spät.

An der Schweizer Grenze hatten Flüchtlinge in jenen Wochen weniger die deutsche als die schweizerische Grenzwache zu fürchten. Die Deutschen wollten die Juden und Jüdinnen los werden, und die Schweizer wollten sie nicht übernehmen. In eidgenössischen Amtsstuben sprach man von der Gefahr einer «Verjudung» des Landes. Man führte noch im März eine Visumspflicht für Österreicherinnen und Österreicher ein, die Erteilung eines Schweizer Visums wurde dabei von der Vorlage eines Arierausweises abhängig gemacht. Juden erhielten als potenzielle Flüchtlinge grundsätzlich kein Visum.

Ein halbes Jahr später, als die Deutschen die österreichischen Pässe durch deutsche Reichspässe ersetzten, vereinbarten die Schweiz und das «Dritte Reich» in zähen Verhandlungen den bekannten und berüchtigten Juden-Stempel, um fliehende Juden von nichtjüdischen Touristen und Geschäftsleuten unterscheiden zu können. Alle Juden des nationalsozialistischen Machtbereichs erhielten ab Herbst 1938 einen J-Stempel in den Pass. Auf Pässe mit J-Stempel gab es in der Schweiz keine Einreiseerlaubnis.

Längst kamen die jüdischen Flüchtlinge jedoch illegal ins Land. Sie überschritten den Rhein mit Hilfe von Schleppern, von professionellen Schmugglern oder von politischen Aktivisten aus der Zeit des Transfers der Spanienkämpfer, welche die geheimen Wege bereits bestens kannten. So genannte Einfallstore für jüdische Flüchtlinge waren vor allem die rechtsrheinischen Gebiete der Schweiz: Etwa bei Diepoldsau im St. Galler Rheintal, bei Schaffhausen oder bei Basel.

Die jüdischen Organisationen der Schweiz wurden von der Eidgenossenschaft gezwungen, sämtliche Kosten für jüdische Flüchtlinge zu übernehmen. Der Chef der Eidgenössischen Polizeiabteilung, Heinrich Rothmund, protestierte in Berlin «mit grossem Ernst» gegen das «Einschleusen» von Juden «mit Hilfe der Wiener Polizei». Man könne die Juden in der Schweiz «ebenso wenig brauchen» wie in Deutschland, sagte der höchste Schweizer Polizeibeamte.

Im August 1938 beschloss der Bundesrat schliesslich, die Grenze für Juden zu sperren und sämtliche illegal einreisenden Flüchtlinge ausnahmslos zurückzuschaffen.

Grüningers Taten

In dieser Situation also – Spätsommer, Herbst und Winter 1938/39 – hätte Paul Grüninger als Polizeikommandant im Kanton St. Gallen die Flüchtlinge abschieben und aktiv zurückweisen müssen. Dass er dies nicht tat, oder nur selten, hat ihn im Frühjahr 1939 seine Stelle gekostet. Es hat ihn wirtschaftlich ruiniert, er wurde deswegen gerichtlich verurteilt – und es hat ihn bis heute unsterblich gemacht.

Statt die Flüchtlinge zu ihren Verfolgern zurück zu bringen, hat Grüninger die Befehle aus Bern ignoriert und viele hundert weitere Flüchtlinge im Kanton St. Gallen aufgenommen. Er hat mit der Jüdischen Flüchtlingshilfe ein Aufnahmelager in Diepoldsau organisiert. Er hat die Fälle der illegal Einreisenden einzeln geprüft und die Leute nicht zurückgewiesen. Er hat in einigen Fällen sogar Flüchtlingen mit schriftlichen Einladungen geholfen, ihren Verfolgern zu entgehen, er hat zum Beispiel Briefe mit Einreiseerlaubnis nach Dachau geschickt, um Juden aus dem Konzentrationslager zu befreien. Vor allem aber hat er die Leute toleriert, die ohne sein Zutun über die Grenze kamen. Er wusste, was ihnen sonst passieren konnte. Er sprach mit den Leuten und brachte es nicht übers Herz, sie der Gestapo und der SS und dem Nazimob auszuliefern.

Als die Sache allmählich ruchbar wurde – man konnte in dieser ländlichen Region nicht immer mehr Flüchtlinge beherbergen, ohne dass es auffiel – liess Paul Grüninger die Einreisedaten der Jüdinnen und Juden auf die Zeit vor der Grenzsperre zurückdatieren, er liess auf längere Zeiträume verteilen und korrigieren, wenn ein Flüchtling weiterreisen konnte – etwa nach Frankreich oder nach Amerika – dann vergab man in St. Gallen die freiwerdende Aktennummer an einen neuen Flüchtling, man benützte sie also mehrmals – so dass wir heute gar nicht mehr ermitteln können, wieviele Jüdinnen und Juden dank Grüninger tatsächlich gerettet wurden.

Manche sprechen von insgesamt 3000 Menschen, wir können es nicht beweisen, zweifellos waren es mehrere hundert bis einige tausend, aber dank der manipulierten Akten gibt es keine Belege dafür.

Im Frühjahr 1939 wurde Paul Grüninger abgesetzt und fristlos entlassen. Sein Vorgesetzter, Valentin Keel, der zumindest teilweise von Grüningers Taten gewusst haben muss, war selber unter Druck geraten und liess ihn fallen. In Bern drängte die Eidgenössische Fremdenpolizei darauf, die Lücke in der Grenzsperre zu schliessen und an dem ungehorsamen Polizeikommandanten ein Exempel zu statuieren, das auch für andere Beamte – etwa für die Polizei in Basel – eine Warnung sein sollte.

Nach einem langen und quälenden Verfahren – es gab wilde und gezielt gestreute Gerüchte über angebliche Untaten des St.Galler Landjägerhauptmanns, über Korruption und Frauenbeziehungen, es gibt solche Gerüchte bis heute – wurde Paul Grüninger im Herbst 1940 wegen Amtspflichtverletzung und Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 300 Franken verurteilt. Das Gericht stellte dabei fest, dass Grüningers Taten ihren Grund einzig und allein in dem – Zitat – «objektiv rechtswidrigen, aber subjektiv menschlich verständlichen und entschuldbaren Einreisenlassen Flüchtliger hatten» und dass der Hauptmann, ich zitiere erneut, «keinerlei persönlichen Vorteil für sich beabsichtigte noch sonst erhielt».

Grüninger war damals 49 Jahre alt, er hatte seine langjährige Stelle als Spitzenbeamter, die Dienstwohnung, die Pension und durch die Gerüchtemacherei vor allem auch den guten Ruf verloren. Er war tief gestürzt und fand jahrzehntelang keine geregelte Arbeit mehr. Die St. Galler Regierung verhinderte beispielsweise, dass er wieder als Lehrer arbeiten konnte. Seine Tochter, die heute noch lebende Ruth Roduner-Grüninger, musste ihre Ausbildung abbrechen, um die Familie zu ernähren. Grüninger lebte bis ans Ende seiner Tage von Gelegenheitsjobs und als armer Mann.

Grüningers Rehabilitierung

Kommen wir noch kurz auf die Rehabilitierung zu sprechen. Es vergingen rund dreissig Jahre, bis sich in der Öffentlichkeit zum ersten Mal jemand für den abgesetzten und verfemten Polizeihauptmann einsetzte, und es waren zwischen 1968 und 1993 sechs oder sieben einzelne Vorstösse nötig, eine lange öffentliche Kampagne, eine historische Untersuchung, sehr viele politischen Verhandlungen und noch mehr juristische Arbeit, bis der Regierungsrat 1993 zuerst die politische Rehabilitierung, das Bezirksgericht St. Gallen dann 1995 eine juristische Rehabilitierung und schliesslich der Regierungsrat 1998 eine materielle Wiedergutmachung beschloss. Die Details dieser in aller Offenheit geführten Rehabilitierungskampagnen können Sie im Nachwort zu meinem Buch «Grüningers Fall» von 1993 nachlesen oder in der Dissertation von Wulff Bickenbach, «Gerechtigkeit für Paul Grüninger», die 2009 erschienen ist.

Lassen Sie mich zum Schluss eine Frage vorwegnehmen, die mir bei solchen Anlässen wie dem heutigen regelmässig gestellt wird: Warum hat Paul Grüninger das getan? Warum hat ein Polizeikommandant seine Karriere geopfert, Befehle und Bestimmungen ignoriert, Urkunden gefälscht, um Menschen zu retten?

Ich kann diese Frage nämlich nicht beantworten. Ich kann nur zurückfragen: Warum haben andere das nicht getan? Warum konnte zum Beispiel der Polizeikommandant des benach­barten Grenzkantons Thurgau – auch er ein sorgender Familienvater und ein guter freisinniger Staatsbürger – sich öffentlich damit brüsten, dass er keine Juden aufnehme, keinen einzigen, selbst noch als rundum in Europa die Juden nicht mehr bloss systematisch verfolgt und vertrieben, sondern ausgerottet wurden? Wie brachten andere Beamte es fertig, derart menschenfeindlich zu handeln und – im Wissen um die Folgen! – die Leute zurück zu schicken?

Warum konnten also die Grenzwächter im waadtländischen La Cure noch zu einem Zeitpunkt, als der Krieg schon entschieden war, den sechzehnjährigen Joseph Spring und seine Cousins Henri und Sylver Henenberg als Gefangene an ihre Verfolger ausliefern, sie als Juden denunzieren und damit ihr Todesurteil sprechen?

Und warum konnte das Schweizerische Bundesgericht im Wiedergutmachungsfall «Joseph Spring gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft» auch ein halbes Jahrhundert später nicht anerkennen, das solche Taten keineswegs legal, sondern abscheuliche Verbrechen waren?

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Shirley Chisholm

„Fighting Shirley Chisholm – Unbought and Unbossed“: mit diesem Kampagnen-Slogan tourte Shirley Chisholm 1968 durch Amerika – mit Erfolg: „Unbought and unbossed“, „nicht gekauft, nicht beherrscht“ erkämpfte sie sich als erste schwarze Frau – trotz dieses doppelten Handicaps – einen Sitz im US-Kongress. Nach ihrer Wahl wurde die Erzieherin aus New York schnell als starke Liberale bekannt.

Sie opponierte gegen Waffenprogramme und den Krieg in Vietnam und setzte sich ein für Bürgerrechte und die Armen im Land. Als Kongress-Mitglied war Chisholm eine der ganz wenigen Frauen der Frauenrechtsbewegung, die direkten politischen Einfluss ausüben konnten: Als lebendes Vorbild ihrer Überzeugung: „Frauen müssen in diesem Land zu Revolutionärinnen werden“, forderte sie in Reden vor dem Kongress die Gleichberechtigung von Frauen; sie beschäftigte als Abgeordnete nur Mitarbeiterinnen und engagierte sich als Mitbegründerin der National Organization for Women (NOW).

Es war nicht zuletzt Shirley Chisholms Lebensweg, der sie zur „Revolutionärin“ machte: Von ihrem dritten Lebensjahr an auf Barbados unter der Obhut ihrer Großmutter aufgewachsen, kam sie als Zehnjährige zurück zu ihren Eltern nach New York – und in eine völlig andere Welt: Diskriminierungen gegen sie als Frau und Schwarze und die gesellschaftlichen Probleme in ihrem Bezirk Brooklyn formten während ihrer Studienzeit ihr Credo: „Anti-schwarz und anti-weiblich und alle Formen von Diskriminierung sind letztlich gleichbedeutend mit einer Sache: Anti-Menschlichkeit.“ Aus dieser Überzeugung gewann sie die Energie für ihren politischen Einsatz.

1972 schrieb sie erneut Geschichte. Als zweite Frau (und exakt 100 Jahre nach der ersten, Victoria Woodhull) erhob sie öffentlich Anspruch auf das höchste Amt im Staat: „Ich stehe heute vor euch als Anwärterin für die Nominierung als demokratische Präsidentschaftskandidatin. Ich bin nicht die Kandidatin des schwarzen Amerika, obwohl ich schwarz bin und stolz darauf. Ich bin nicht die Kandidatin der Frauenbewegung, obwohl ich eine Frau bin und genauso stolz darauf. Ich bin nicht die Kandidatin irgendwelcher politischer Herren oder Interessen. Ich bin die Kandidatin des Volkes“.

Die beeindruckenden Worte brachten ihr nur einen Achtungserfolg – die demokratische Partei entschied sich für einen männlichen Konkurrenten.

(Quelle: FemBio / Frauenbiografie-Forschung)

Marzieh

Lernen Sie Marzieh kennen, eine der stärksten Frauen, die ich je kennengelernt habe. Vor sechs Jahren überlebte sie in Isfahan einen Säureangriff – ein schreckliches Verbrechen, das sich gegen Frauen wegen ihrer Kleidung richtete.

Obwohl es keine Verhaftungen gab und die Frage nach der Verantwortlichkeit noch offen ist, hat Marzieh ihren Schmerz in einen Sinn verwandelt. Jetzt macht sie auf diese Angriffe aufmerksam und setzt sich für ein Verbot des Verkaufs von Säure ein.

Ihre Widerstandsfähigkeit und ihr Mut erinnern uns an die Kraft von Stärke und Fürsprache. Danke, Marzieh, dass du der Welt zeigst, wie wahre Schönheit aussieht.

(Quelle: Monireh Nakhaei / LinkedIn)

Barry

Im Jahr 1800, hoch in den Schweizer Alpen, lebte ein außergewöhnlicher Hund namens Barry – ein Bernhardiner, der in die Geschichte einging. Ausgebildet von den Mönchen des Hospizes am Großen Sankt Bernhard Pass, wurde Barry zu einem wahren Lebensretter.

Mit seiner unglaublichen Fähigkeit, verlorene und erschöpfte Wanderer zu finden, rettete er unzählige Leben. Einer seiner bekanntesten Einsätze war die Rettung eines jungen, hilflosen Jungen aus den Schneemassen – eine Tat, die ihn zu einer Legende machte.

Barry trug immer eine kleine Fracht an Nahrungsmitteln und Wärme bei sich, um den Gestrandeten zu helfen, die er fand. Im Jahr 1895 verbreitete sich seine Geschichte in Europa und Nordamerika und machte ihn zu einem Symbol für Mut, Hoffnung und die Treue von Rettungshunden.

Stell Dir vor, was dieser Hund in einer Zeit ohne Technologie und Kommunikation vollbrachte – die wahre Bedeutung von Hingabe und Liebe zu den Menschen.

Der einzige Weg, großartige Arbeit zu leisten, ist zu lieben, was man tut. Wenn Du das noch nicht gefunden hast, dann halte die Augen offen!

 

(Quelle: Aleksandra Bilewicz)

Salome

In lateinamerikanischen Kulturen markiert der 15. Geburtstag eines Mädchens seine Reife bis ins Erwachsenenalter und wird traditionell mit einer Quinceanera gefeiert. Diese Tradition ist normalerweise eine freudige Zeit im Leben eines jungen Mädchens, aber in Kolumbien musste Salome ihre Quinceanera ohne ihre Mutter feiern.

Kolumbianische Guerillas töteten Salomes Mutter fünf Jahre zuvor, weil sie das Evangelium verkündet hatte.

"Es war eine kleine Party, meine Freunde und meine Schwestern. Aber was mich wirklich getroffen hat, war, dass meine Mutter nicht da war", sagte Salome.

Sie hat den Mördern ihrer Mutter vergeben und ist dankbar für das große Geschenk, das ihre Mutter ihr hinterlassen hat: den Glauben an Gott.

(Quelle: The voice of the martyrs)

Harland Sanders

Harland Sanders war bereits 65 Jahre alt, als er erkannte, dass sich etwas in seinem Leben ändern musste. Er lebte in einem kleinen Haus, fuhr ein altes Auto und musste sich mit einem monatlichen Sozialversicherungsscheck von gerade mal 99 Dollar über Wasser halten. Doch anstatt sich seinem Schicksal zu fügen, beschloss er, seine Leidenschaft zu nutzen – das Kochen.


Mit nichts anderem als einem unwiderstehlichen Hühnchenrezept im Gepäck, machte er sich auf den Weg, um sein Rezept an Restaurants in verschiedenen Bundesstaaten zu verkaufen.

Doch der Weg war steinig. Über 1000 Restaurants wiesen ihn ab. Aber Sanders gab nicht auf. Er war entschlossen und glaubte an den Geschmack seines Hühnchens. Beim 1009. Versuch hörte er endlich das ersehnte „Ja“.

Dieses Ja veränderte alles. Kentucky Fried Chicken (KFC) war geboren und sollte in den kommenden Jahrzehnten die Art und Weise, wie Amerikaner Hühnchen essen, revolutionieren. Die Marke wuchs schnell und machte Colonel Sanders zu einer Ikone.

Seine Geschichte ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, niemals aufzugeben, auch wenn man immer wieder Ablehnung erfährt. Sanders' Durchhaltevermögen zeigt uns, dass der Erfolg oft nur eine weitere Anstrengung entfernt ist.

Du bist nie zu alt, um Dir ein neues Ziel zu setzen oder einen neuen Traum zu träumen!

 

(Quelle: Aleksandra Bilewicz)

Bonnie Witherall

Es war ein früher Morgen im Libanon, und Bonnie begann, das Büro der Klinik vorzubereiten, in der sie arbeitete. Dort traf sie auf einen Terroristen, der aus nächster Nähe gnadenlos drei Schüsse in ihren Kopf abfeuerte. Ein Mann voller Hass tötete eine sanftmütige Christin, die in sein Land gekommen war, um über Liebe und Vergebung zu sprechen.

Bei Witheralls Beerdigung wandte sich ihr Ehemann Gary an die Menge: "Ich weiß, dass wir alle sehr traurig sind, und wir alle vermissen Bonnie ... Sie ist nicht traurig oder ängstlich oder hat Schmerzen; sie tanzt und freut sich im Himmel. Wir sollten für sie feiern!"

(Quelle: The voice of the martyrs)

Das Napalm Mädchen

Das Foto schockierte die ganze Welt: Kinder rennen eine Straße entlang, hinter ihnen Soldaten und ein brennendes Dorf. Und in der Mitte ein junges Mädchen, nackt, voller Brandwunden, schreiend.

Am 8. Juni 1972 hatten die Amerikaner Napalm-Bomben über Kim Phucs Dorf abgeworfen, die ihre Kleidung und 30 % ihrer Haut verbrennen ließen. Doch Kim überlebte. »Du wirst dein Leben lang Schmerzen haben«, sagte ihr ein Arzt. Doch nicht nur Kims Haut, auch ihre Seele schmerzte. Sie war voller Bitterkeit, fühlte sich hässlich und ungeliebt. Was konnte ihrem Leben jetzt noch Sinn geben?

Auf der Suche nach Antworten ging Kim als junge Frau in eine Bibliothek und nahm einen ganzen Stapel Bücher mit nach Hause. Bücher über Buddhismus, Hinduismus, Islam und Caodaimus. Irgendwo in dem Stapel war auch ein kleines Neues Testament. Und die Worte dieses Buches drangen tief in Kims verletztes Herz. Hier endlich war ein persönlicher Gott, der mitfühlte, der in Jesus Christus Mensch geworden war und am Kreuz unvorstellbare Schmerzen erduldet hatte. Ein Gott, der ihr seine Hand entgegenstreckte und ihr Vergebung ihrer Schuld, seine Liebe und seinen Frieden anbot. Im Weihnachtsgottesdienst 1982 sagte Kim in einer kleinen vietnamesischen Kirche Ja zu diesem Gott und übergab ihm ihr Leben. »Endlich hatte meine gequälte Seele Ruhe gefunden«, sagte sie später.

Kim studierte Medizin, heiratete, wurde Mutter. Bis heute setzt sie die Bekanntheit, die sie durch das Foto bekommen hat, dafür ein, Kindern zu helfen, die Kriegsopfer geworden sind. Für ihr weltweites und unermüdliches Engagement hat Kim Phuc zahlreiche Preise und Ehrungen bekommen.

Ihr Leben ist ein Beweis dafür, dass Gott selbst aus den schrecklichsten Umständen etwas Gutes machen kann.

(Quelle: lebenistmehr.de Elisabeth Weise)

Sabina Wurmbrand

 

Sabina Wurmbrand (1913-2000), die Frau des Predigers Richard Wurmbrand, musste während der kommunistischen Herrschaft in Rumänien um ihres Glaubens willen eine lange Gefängnisstrafe verbüßen.

Die Haftbedingungen waren auch für die Frauen äußerst hart. Sie hatten schwerste Arbeit zu leisten. Verzweiflung breitete sich aus. Nur wenige besaßen einen inneren Halt, der ihnen über die erlittenen Verluste hinweghalf und aus dem sie in dem unerbittlichen täglichen Los neue Kraft und Hoffnung schöpfen konnten.

Nach der Arbeit kamen die Mitgefangenen oft zu den Christinnen und baten sie, ihnen eine Geschichte aus der Bibel zu erzählen oder ihnen einzelne ermunternde Verse zu sagen. Sie hatten Hunger nach Worten der Hoffnung, des Trostes und des Lebens. Sabina erzählt: „Wir besaßen aber dort keine Bibel. Wir selbst hungerten danach mehr als nach Brot. Hätte ich doch früher mehr Bibelverse auswendig gelernt!“

Täglich wiederholten die Gläubigen die Passagen, die sie sich früher einmal eingeprägt hatten. Dabei ergänzten sie sich gegenseitig. Immer wieder kamen auch Christinnen hinzu, die längere Abschnitte auswendig gelernt hatten, als sie noch in Freiheit waren. Sie hatten ihre Festnahme vorausgesehen und gute Vorsorge getroffen. So brachten sie einen großen Schatz mit ins Gefängnis.

Auf diese Weise machte hier und auch in anderen Gefängnissen eine ungeschriebene Bibel die Runde und brachte zahlreichen Gefangenen Frieden und Trost.

 

(Quelle: Die gute Saat)

 

Gillian Lynne

Gillian ist ein siebenjähriges Mädchen, das in der Schule kaum ruhig sitzen bleiben kann. Sie steht ständig auf, lässt sich ablenken, träumt in Gedanken und verfolgt den Unterricht nicht.


Ihre Lehrer sorgen sich um sie. Sie erhält Strafen, sie schimpfen mit ihr oder belohnen auch die wenigen Male, an denen sie aufmerksam ist. Aber es ändert nichts:
Gillian schafft es nicht, zur Ruhe zu kommen oder sich zu konzentrieren . So wird sie auch von ihrer Mutter bestraft.

Nicht nur in der Schule bekommt sie schlechte Noten und wird bestraft, sondern leidet auch zu Hause darunter.

Eines Tages wird Gillians Mutter in die Schule gerufen. Traurig und aufgewühlt, wie jemand, der schlechte Nachrichten erwartet, geht sie in den Besprechungsraum.

Die Lehrer sprechen über Gillian. Sie sei krank, hätte eine offensichtliche Störung. Vielleicht ist es Hyperaktivität oder vielleicht braucht sie ein Medikament.

Während des Gesprächs trifft ein alter Lehrer ein, der das kleine Mädchen kennt.
Er bittet alle Erwachsenen, die Mutter und Kollegen, ihm in einen Nebenraum zu folgen, von dem man in das Klassenzimmer von Gillian sehen kann.

Dann geht er in den Raum und schaltet ein altes Radio mit Musik ein.

Als das Mädchen kurz darauf alleine im Zimmer ist, steht sie sofort auf und beginnt, sich auf und ab zu bewegen, die Musik mit ihren Füßen und ihrem Herzen zu verfolgen.

Der Lehrer lächelt, als die Kollegen und die Mutter ihn zwischen Verwirrung und Mitleid ansehen, wie es bei alten Menschen oft der Fall ist.

Dann sagt er: "schauen Sie nur, Gillian ist nicht krank! Gillian ist eine Tänzerin!"

So empfiehlt er ihrer Mutter, sie zu einem Tanzkurs zu bringen und ihre Kollegen sollten sie von Zeit zu Zeit tanzen lassen.

Nachdem Gillian ihre erste Stunde absolviert hatte, erzählt sie ganz aufgeregt ihrer Mutter: "Alle sind dort wie ich, keiner kann da sitzen!"

Nach einer Karriere als Tänzerin, der Eröffnung ihrer eigenen Tanzakademie und internationaler Anerkennung für ihre Kunst wurde Gillian Lynne 1981 Choreografin des Musicals "Cats".

Hoffentlich finden alle "andersartigen" Kinder Erwachsene, die sie so annehmen, wie sie sind, und nicht so, wie es ihnen fehlt.

Lang leben die Unterschiede, die kleinen schwarzen Schafe und die Unverstandenen.

Sie sind es, die Schönheit in diese Welt bringen.

(Quelle: LinkedIn Aleksandra Bilewicz)

Kinderhospiz

Ein ganz besonderes Kinderhospiz

 

Meine Mission von Leben und Frieden!

Nach einem Schicksalsschlag sortierte Betriebswirtin Carolin Feismann ihr Leben neu und schuf im Münsterland einen inklusiven Bauernhof

Geht man in Darup in der Nähe von Münster durch das große Tor gegenüber der Dorfkirche, erwartet einen ein paradiesisches Fleckchen Erde. „Du musst das erschaffen, was Menschen Frieden und Sicherheit gibt. Wenn du Frieden willst, musst du Frieden leben“, beschreibt Carolin Feismann (48) das von ihr errichtete tiergestützte Kinderhospiz Gut Feismann.

Das Lächeln der schwer kranken Kinder ist alle Mühen wert

Nach einem Schicksalsschlag organisierte Carolin ihr Leben neu. Gemeinsam mit ihrem Mann Stefan (48), einem Konstrukteur im Maschinenbau, kaufte sie 2016 die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude. Mittlerweile leben neben dem Ehepaar und seinen zwei Söhnen (10 und 9) Ponys, Schafe, Schildkröten, Meerschweinchen, Hasen, Hühner, Kater Toni, Hund Leinemann und die Seniorin Lena (67) auf dem Gut. Lena hat eine Behinderung und benötigt immer mal wieder Unterstützung. „Wir sagen immer Lena ist hier nicht behindert, weil sie hier von nichts behindert wird.“ Ganz im Gegenteil: Täglich kümmert sich die 67-Jährige um das Wohl der Hühner. „Hier soll sich jeder wohlfühlen und seine Aufgaben haben!“

Das Herz des Projekts ist das rein spendenfinanzierte, tiergestützte Kinderhospiz. „Wir nehmen immer nur jeweils ein Kind zur Zeit auf, damit sich alle zehn Mitarbeiter auf eins konzentrieren können.“ Das Besondere: Die ganze Familie ist mit dabei, denn „hier erleben sie glückliche Kindertage, und manchmal sind es leider die letzten.“ Ob Kutsche fahren, reiten, im Lastenrad um die Dörfer fahren oder mit Kater Toni im Arm schlafen: „Manchmal überschreiten wir auch unsere eigenen Grenzen, weil wir probieren, alles möglich zu machen. Aber das Kinderlächeln, das wir täglich für unsere Mühen zurückbekommen, ist all das mehr als wert!“

Dieser Moment hat Carolins Leben in Sekunden verändert

Bei den Ärzten ohne Grenzen lebte sie damals ihren Traum – dachte Carolin, bis sie sich für einen Job in Zentralafrika bewarb, den dann ihre Kollegin Elsa bekam. Als Carolin erfuhr, dass Elsa erschossen worden war, änderte sie ihr Leben radikal. „In diesem Moment habe ich innegehalten und mir wurde klar, das hätte ich sein können. Kämpfen für den Frieden und dabei sterben kann nicht der richtige Weg sein.

Ich will leben und mein Leben für den Frieden einsetzen!“ So steckt Carolin all ihre Energie in das Gut Feismann, um schwer kranken Kindern unvergessliche Momente zu ermöglichen.

Und in neue Projekte: Erst Ende Mai eröffnete eine Kinderarztpraxis auf dem Grundstück ihre Türen, und ein weiteres Gebäude auf dem Gut soll jetzt ausgebaut werden, um noch mehr Kindern die letzten glücklichen Tage zu ermöglichen.

(Quelle: Helden des Alltags)

Keanu Reeves

Seine Tochter starb bei der Geburt.
Seine Frau starb bei einem Autounfall.

Er wurde von seinem Vater im Alter von 3 Jahren verlassen und wuchs mit 3 verschiedenen Stiefvätern auf.

Sein bester Freund, River Phoenix, starb an einer Überdosis.
Seine Schwester kämpfte gegen Leukämie.

Keine Leibwächter, kein Luxushaus.
Keanu lebt in einer einfachen Wohnung, liebt es, durch die Stadt zu schlendern, und wird oft in der U-Bahn in New York gesehen.

Während der Dreharbeiten zu „Das Haus am See“ hörte er, wie sich zwei Kostümbild-Assistenten unterhielten, von denen einer weinte, weil er sein Haus verlieren würde, wenn er nicht 20.000 Dollar zahlen könnte. Am selben Tag überwies Keanu den benötigten Betrag auf dessen Konto.

Im Laufe seiner Karriere hat er erhebliche Summen an Krankenhäuser gespendet, darunter 75 Millionen Dollar seiner Einnahmen aus „Matrix“ an wohltätige Organisationen.

Im Jahr 2010, an seinem Geburtstag, ging Keanu in eine Bäckerei, kaufte ein Brötchen mit einer einzelnen Kerze, aß es vor der Bäckerei und spendierte Kaffee für die Leute, die stehen blieben, um mit ihm zu sprechen.

1997 entdeckten ihn Paparazzi eines Morgens in Los Angeles, wie er mit einem Obdachlosen spazieren ging, ihm zuhörte und einige Stunden sein Leben mit ihm teilte.

Im Leben sind oft die Menschen, die innerlich am meisten gebrochen sind, diejenigen, die am ehesten bereit sind, anderen zu helfen.

Dieser Mann könnte sich alles kaufen, und doch entscheidet er sich jeden Tag und bei jeder Gelegenheit dafür, etwas zu tun, das man nicht kaufen kann: von sich selbst zu geben.

„Definiere dich nicht durch das, was du verloren hast, sondern durch das, was du mit dem machst, was dir geblieben ist.“
K. Reeves

(Quelle LinkedIn D. Hamze)

Edmond Alibus

Edmond Albius war ein 12-jähriger versklavter Junge, der 1841 auf der Insel Réunion lebte, als er eine revolutionäre Technik zur Handbestäubung von Vanilleorchideen entdeckte. Zu dieser Zeit war der Vanilleanbau außerhalb Mexikos eine große Herausforderung, da die spezifische Bienenart, die für die natürliche Bestäubung der Vanilleorchideen erforderlich war, an anderen Orten wie Réunion nicht vorhanden war.

Vor Albius' Entdeckung war die Vanillebestäubung außerhalb Mexikos entweder erfolglos oder erforderte die zeitraubende und arbeitsintensive Methode des Botanikers Charles Morren.

Albius fand eine viel einfachere und schnellere Technik, indem er einen kleinen Stock oder Grashalm benutzte, um das Rostellum (eine Klappe, die die männlichen und weiblichen Teile der Blume trennt) anzuheben und die männlichen und weiblichen Teile mit dem Daumen zusammenzudrücken. Diese Methode erwies sich als sehr effektiv und erhöhte die Produktion von Vanille erheblich, wodurch es zu einer rentablen Kulturpflanze wurde.

Die Entdeckung von Albius war eine Revolution für die Vanilleindustrie, da sie den Vanilleanbau außerhalb Mexikos ermöglichte und dazu führte, dass Réunion damals zum weltweit größten Vanillelieferanten wurde.

Trotz der Bedeutung seiner Entdeckung erhielt Albius zu Lebzeiten wenig Anerkennung, hauptsächlich aufgrund seines Status als versklavte Person. Er starb 1880 in Armut und Unbekanntheit. Erst viele Jahre nach seinem Tod wurde sein Beitrag als bedeutender Fortschritt in der Botanik gewürdigt und gefeiert.

Noch heute wird die von Edmond Albius entwickelte Technik weltweit angewendet, insbesondere in Madagaskar, das derzeit der größte Vanillelieferant ist. Seine Innovation bleibt bis heute eine grundlegende Methode in der Vanilleproduktion.

 

Bryan Anderson

Eines Tages sah ein Mann eine Dame am Straßenrand stehen, und im schummrigen Licht des Tages konnte er sehen, dass sie Hilfe brauchte. Also hielt er vor ihrem Mercedes an und stieg aus.

Trotz des Lächelns auf seinem Gesicht war sie besorgt. Niemand hatte seit einer Stunde oder länger angehalten, um zu helfen.

Er sagte: „Ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Warum warten Sie nicht im Auto, wo es warm ist? Übrigens, mein Name ist Bryan Anderson.“

Nun, alles, was sie hatte, war ein platter Reifen, aber für eine alte Dame war das schon schlimm genug. Bryan kroch unter das Auto, um einen Platz für den Wagenheber zu finden, und rieb sich mehrmals die Knöchel auf. Bald war er in der Lage, den Reifen zu wechseln, aber er musste sich schmutzig machen, und seine Hände taten weh.

Sie konnte ihm gar nicht genug danken, dass er ihr geholfen hatte.

Bryan lächelte nur, als er ihren Kofferraum schloss. Die Dame fragte, wie viel sie ihm schulde. Jeder Betrag wäre ihr recht gewesen.

Bryan dachte nie daran, sich bezahlen zu lassen. Das war für ihn kein Job. Es ging darum, jemandem zu helfen, der in Not war, und Gott weiß, es gab viele, die ihm in der Vergangenheit geholfen hatten.

Er sagte ihr, dass, wenn sie ihm wirklich etwas zurückzahlen wollte, sie beim nächsten Mal, wenn sie jemanden sieht, der Hilfe braucht, dieser Person die Hilfe geben sollte, die sie braucht, und Bryan fügte hinzu: „Und denken Sie an mich.“

Er wartete, bis sie das Auto startete und davonfuhr.

Ein paar Meilen weiter sah die Dame ein kleines Café. Sie ging hinein, um einen Happen zu essen und sich etwas aufzuwärmen, bevor sie den letzten Abschnitt ihrer Reise nach Hause antrat.

Die Kellnerin kam herüber und brachte ein sauberes Handtuch, um ihr nasses Haar abzuwischen. Sie hatte ein süßes Lächeln, eines, das selbst nach einem ganzen Tag auf den Beinen nicht verschwinden konnte.

Die Dame bemerkte, dass die Kellnerin fast acht Monate schwanger war, aber sie ließ sich nie von der Anstrengung und den Schmerzen ihre Haltung verderben. Die alte Dame wunderte sich, wie jemand, der so wenig hatte, so großzügig gegenüber einem Fremden sein konnte. Dann erinnerte sie sich an Bryan.

Nachdem die Dame ihr Essen beendet hatte, bezahlte sie mit einem Hundert-Dollar-Schein. Die Kellnerin ging schnell, um das Wechselgeld zu holen, aber die alte Dame war bereits durch die Tür verschwunden, als die Kellnerin zurückkam.

Die Kellnerin wunderte sich, wo die Dame hingegangen war. Dann bemerkte sie etwas auf der Serviette: „Sie schulden mir nichts. Jemand hat mir geholfen, so wie ich Ihnen helfe." Unter der Serviette lagen vier weitere Hundert-Dollar-Scheine.

In der Nacht, als sie von der Arbeit nach Hause kam und ins Bett stieg, dachte sie über das Geld und was die Dame geschrieben hatte nach.

Sie wusste, wie besorgt ihr Mann war, und als er neben ihr schlief, gab sie ihm einen sanften Kuss und flüsterte leise: „Alles wird gut. Ich liebe dich, Bryan Anderson.“

(Quelle: Aleksandra Bilewicz LinkedIn)

Adolf Jenny

Adolf Jenny wuchs in einem Erziehungsheim auf. Die Tagwache war um 4.30 Uhr morgens, Lichterlöschen um 20.00 Uhr. Dazwischen gab es Schule, Haus- und Gartenarbeiten, Leibesertüchtigungen und immer wieder sexuelle Übergriffe.

Seinen gesamten Erfahrungsbericht finden Sie hier: https://lnkd.in/em2Xxyfd

Seine Geschichte ist eine von vielen in der Schweiz. Die Guido Fluri Stiftung hat auf der Plattform Kinderheime Schweiz Erfahrungsberichte früherer Heimkinder zusammengetragen, damit ihre Erlebnisse nicht in Vergessenheit geraten.

Die Plattform enthält ergreifende Erfahrungsberichte von Betroffenen, geschichtliche Hintergründe und ein Archiv mit über 800 Dokumenten und Medienberichten, die bis ins Jahr 1789 zurückdatieren. Zwischen 2010 und 2013 hat der Historiker Thomas Huonker im Auftrag der Guido Fluri Stiftung eine umfassende Recherche zu den Erfahrungen in den Schweizer Kinderheimen durchgeführt und diese für alle digital zugänglich gemacht.

(Quelle: http://guido-fluri-stiftung.ch/ )

Salome und Thom Wieland

Das Wunder vom Wielandleben

Inmitten der sanften Hügelzüge des Emmentals liegt ein Bauernhof, auf dem nicht nur Getreide und Gemüse aufblühen, sondern auch gebrochene Menschen. Dabei sind Salome und Thom Wieland fast so zum Hof gekommen wie Maria zum Kind.

Wellness für die Schweine:

Als wir nach einer kurvenreichen Fahrt den Hof Wielandleben auf über tausend Metern Höhe erreichen, glitzern die Felder in der Sonne. Und Lilou spritzt gerade die Wollschweine mit einem Schlauch ab. Sie ist sieben Jahre alt und die Tochter von Salome und Thom Wieland. »Die Tiere mögen die Dusche«, erklärt Salome, das Herz des Hofes.

Wielandleben ist der ideale Rastplatz für Radler und Radlerinnen, die mit E-Bikes durch die sanften Hügelzüge des Emmentals kurven. Hier können sie im Hofbistro auftanken – und ihre Stahlrösser an der Ladestation. Diese erinnert daran, dass fast zweihundert Jahre verstrichen sind, seit der Schriftsteller und Pfarrer Jeremias Gotthelf (1797–1854) und der Emmentaler Käse der malerischen »Berner Toskana« zu Weltruhm verholfen haben. 

Liebe zum Detail

Ansonsten lässt einen das mächtige Emmentaler Bauernhaus mit dem typischen Walmdach mit Vordach und Laube und dem schmucken hölzernen »Spycher« – Speicher – die Zeit vergessen. Bei Wielandleben scheint jedes Detail wie für Instagram gemacht. Und oft ist es das auch. Mit ihrem Gespür für Dekoration punktet Salome in den sozialen Medien genauso wie bei ihren Gästen. Vom geschnitzten Fensterladen bis zum alten Ackergerät ist auf dem Wielandleben alles malerisch in Szene gesetzt und erzählt Geschichten von naturnahem Handwerk und vor allem: von viel Liebe und Leidenschaft.

Die saftig grünen Wiesen und das Ackerland rundherum bilden das Zuhause von 10 Milchkühen, 35 Mutterschafen, 5 schottischen Hochlandrindern, Eseln, Ponys, Schweinen, Ziegen, Enten, Hühnern, Truthähnen und Hasen. Nebst Gemüse und Früchten wachsen hier Urdinkel, Emmer, Linsen, Leinsamen, Hanf und Mais. Alles ist nicht nur nach Biorichtlinien zertifiziert. Vielmehr wollen Wielands die natürlichen Kreisläufe in Schwung halten und dem Boden zurückgeben, was er schenkt.

Selbstversorger aus Überzeugung

»Wir sind Selbstversorger«, sagt Salome stolz: »Essig stellen wir aus Äpfeln her, Öl beispielsweise aus Leinsamen. Wir produzieren zudem Teigwaren und Gebäck und konservieren Gemüse und Früchte für den Winter.« Da trifft es sich gut, dass Thom gelernter Bäcker und Konditor ist und Karriere bei der Biskuitfabrik Kambly gemacht hat. Nur ab und zu stehen Zucker für die Backstube und Olivenöl auf dem Einkaufszettel.

Doch das Reich von Salome und Thom Wieland ist weit mehr als eine Bilderbuchidylle. Denn neben Hofladen, Bistro, Bed & Breakfast für stadtmüde Touristen und Eventinfrastruktur bietet der landwirtschaftliche Betrieb auch betreutes Wohnen für Menschen mit Beeinträchtigungen, Behinderungen und Burn-out. Und wenn heute alles blüht und gedeiht, dann steckt dahinter ein großer Traum und ein langer Weg.

Es war ein Geschenk, an Land und Hof zu kommen.

Einen Meilenstein stellte der 1. Januar 2018 dar. An diesem Tag konnten Wielands den ganzen Hof in Röthenbach von den Vorgängern, Ernst und Lydia Lehmann, offiziell übernehmen. »Das war ein Geschenk für uns. Denn es ist sehr schwierig, außerhalb der Familie zu Land und Hof zu kommen«, betont Salome. Dafür, dass das Paar auch einen langen Atem und starke Nerven brauchte, um die Finanzierung zu stemmen, hat es heute nur noch ein Lächeln übrig. Eigentlich hat die Vision eines Hofs mit betreutem Wohnen schon viel früher begonnen – und vor allem viel dramatischer. 

Blenden wir zurück: Salome absolvierte zwar pflichtbewusst eine kaufmännische Ausbildung bei der Post und bildete sich zur Sportmasseurin aus. Doch eigentlich trieb es den Wildfang in jeder freien Minute in die Höhe. »Die Berge zogen mich beinahe magisch an«, erzählt Salome. »Je verrückter die Route zur Spitze, desto größer die Faszination. Ich liebte es, an meine Grenzen zu stoßen, Abenteuer in der Wildnis zu erfahren und die majestätische Aussicht auf dem Gipfel zu genießen.« Aber Salome war nie nur auf den Kick aus. In ihr schlummerte eine Ursehnsucht: »Zwischen Fels und Himmel erlebte ich Gottes Schöpfung und somit ihn sehr intensiv.«

Als ich arbeitsunfähig war, begann ich umzudenken.

Bis ein Kletterunfall in einer Boulderhalle Salome jäh aus ihrem Alltag riss. Lange war sie ans Bett gefesselt, monatelang arbeitsunfähig. Drei Operationen am Arm musste sie innerhalb von drei Jahren über sich ergehen lassen. Nach diversen Fehlversuchen sagten die Sportmediziner lapidar: »Entweder Sie müssen lebenslang Schmerzen ertragen, oder wir amputieren den Arm und Sie kommen mit einer Prothese zurecht.« Als junge Kämpfernatur – Salome war Mitte zwanzig – entschied sie sich für den eigenen Arm.

Rezepte auf Facebook

Wichtiger als das, was äußerlich um sie herum geschah, war das, was in ihr vorging. »Plötzlich merkte ich, dass es auch Menschen um mich herum gibt und sich nicht alles um meine Leistung dreht«, sagt Salome. »In mir wuchs der Wunsch, ein offenes Haus für Menschen mit Behinderung zu gründen.« Das kam nicht von ungefähr. Schon vorher hatte sich Salome für Sozialpädagogik interessiert und in verschiedene soziale Einrichtungen hineingeschnuppert. »Die kindliche und ehrliche Art von Menschen mit Behinderung hat mich bereichert.« Gut, dass Thom, den Salome kurz vor ihrem Unfall kennenlernte, ihre Vision teilte.

Mit der Kraft, die ihr geblieben war, begann Salome während ihrer Genesung zu gärtnern, Früchte zu trocknen und Rezepte auf Facebook zu posten. Und das so erfolgreich, dass ein Lokalradio auf sie aufmerksam wurde. Dort äußerte sie spontan den Wunsch nach einem Bauernhof. Und siehe da: Schon bald konnten sie und Thom, mittlerweile ihr Ehemann, ein Anwesen im Emmental pachten. Endlich hatte Salome wieder einen Ort, in den sie ihre Energie und Kreativität hineinstecken konnte. 

»Im Kleinen haben wir alles schon gemacht, was wir heute tun: Landwirtschaft, Bed & Breakfast, Hoflädeli und Menschen mit Beeinträchtigung aufnehmen«, berichtet Salome. Einzig die Milchkühe fehlten. »Wir wollten bewusst Erfahrungen sammeln, um eines Tages unseren eigenen Betrieb bewirtschaften zu können.« 

Im Rückblick ist sich Salome sicher: Gott hat ihren Unfall benutzt, um ihr einen Neuanfang zu ermöglichen. Zuerst boten Salome und Thom benachteiligten Menschen einen Wochenendaufenthalt an, dann Ferien. Daneben studierte Salome, wie Betreuung in ländlicher Umgebung funktioniert. Das wiederum half, das Vertrauen von Angehörigen zu gewinnen. »Wir sind in unsere Aufgaben hineingewachsen. Gott hat uns immer genau so viel zugemutet, wie wir auch stemmen konnten«, schmunzelt Salome. Trotz großer Ambitionen hätte sie sich nie vorstellen können, einmal über zehn Leute pro Tag zu betreuen. Genau das ist heute der Fall.

Kühe mit Sozialkompetenz

Nur, wie hält sie ihre Schmerzen aus? »Ich litt in den ersten Jahren wirklich unerträglich. Und auch danach begleiteten mich die Schmerzen auf Schritt und Tritt. Aber vor zwei Jahren haben Menschen für mich gebetet und es ist ein Wunder geschehen: Seither lebe ich schmerzfrei.« Nur wenn Salome sich überarbeitet, schwere Lasten schleppt, macht sich der Arm manchmal kurz bemerkbar.

Meist geht Salome aber alles leicht von der Hand. Sie blüht in ihrer Arbeit auf. »Wenn ich sehe, dass jemand mit einer psychosomatischen Gehbehinderung zu uns kommt und nach drei Monaten ist diese verschwunden, motiviert mich das sehr«, schwärmt Salome. Aber auch kleine Fortschritte seien ermutigend. Zum Beispiel, wenn ein Puls plötzlich wieder normal tickt. »Miteinander unterwegs zu sein, ist schön – auch mit unseren freiwilligen Helferinnen und Helfern. Sie unterstützen uns. Und geben uns immer wieder die Rückmeldung, dass sie selbst viel erhalten hätten.« 

Wir fühlen uns als große Familie.

Wer immer Wielandleben besucht, legt an Sozialkompetenz zu. Sogar die Tiere. »Weil wir mit Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten, müssen unsere Kühe oft eine halbe Stunde länger warten, bevor wir sie melken. Darum sind sie geduldiger und pflegeleichter als jene anderer Bauern«, ist Salome überzeugt. Weniger flexibel ist das Heu. Bevor der Regen kommt, muss man es ins Trockene bringen. Gut, dass einige Personen aus dem Sozialbereich mittlerweile sehr speditiv mitanpacken. »Und sonst müssen uns die Sozialpädagogen den Rücken freihalten und sich um unsere Betreuten kümmern«, fügt Salome hinzu.

Die Landwirtschaft ist das Herzstück von Wielandleben. Um die Erträge aufzubessern, suchen die Wielands immer wieder Paten. So hat der Hof heute rund 45 Paten und Patinnen für Tiere und Hochstammbäume. »Auf die Idee mit den Hochstämmen sind wir aus der Not heraus gekommen. Damals sind viele Erträge weggebrochen, weil die Gastronomie weggefallen ist.« Für die Paten gibt es jährlich eine Naturaldividende in Form von Köstlichkeiten vom Hof – und einen Apéro.

Werden Salome, Thom und Lilou die Dauergäste, die Personen in Tagesstrukturen und die Praktikanten eigentlich nie zu viel? »Privatsphäre kennen wir kaum. Aber wir fühlen uns als große Familie«, antwortet Salome. Vom Frühstück bis zum Abendbrot essen alle auf dem Hof gemeinsam. Zuvor wird gebetet, weil Salome und Thom gläubig sind. Allerdings sucht die Familie manchmal tatsächlich Rückzugsoasen. Deshalb will sie momentan die Küche vergrößern. Und darum widmen sich Wielands vier Wochen im Jahr nur der Landwirtschaft und schließen den Hof für andere. 

Wenn Pflanzen und Tiere rufen

Ferien? Den Hof sich selbst zu überlassen, ist undenkbar. Je nach Saison müssen ihn mehrere Personen in Schwung halten. Nur schon, um die Kühe zu melken und die Leute zu betreuen. »Darum bleiben wir lieber hier. Bei uns ist es auch ein bisschen wie in den Ferien«, sagt Salome und lacht. Verschiedenste Menschen, Tiere und die Natur leben bei Wielandleben in Harmonie. Das geht, wie eingangs erwähnt, so weit, dass sich sogar Schweine auf Wellness freuen dürfen.

 

(Quelle: Gomagazin Stephan Lehmann-Maldanado)

 

Wilma Rudolf

Der Bus fährt über ein Schlagloch, und die Passagiere in den hinteren Reihen werden durchgeschüttelt. Wilma schlägt sich ihr Bein am Vordersitz an und verzieht schmerzerfüllt ihr Gesicht. „Schon gut“, flüstert ihre Mutter und legt ihr den Arm um die Schultern. Wilma schmiegt sich an sie und sieht aus dem Fenster.

Jede Woche, so lange sie denken kann, fahren ihre Mutter und sie mit dem Bus ins Krankenhaus in Nashville. 80 Kilometer hin, 80 Kilometer zurück, immer dicht gedrängt hinten im Bus, wo schwarze Menschen sitzen müssen. Wilma blickt an sich herunter. Ihr Bein steckt dünn und kraftlos in einer Schiene. Wird sie jemals laufen können?

Kindheit und Jugend

Im Juni 1940 kommt im US-Bundesstaat Tennessee ein Sorgenkind zur Welt. Die kleine Wilma Rudolph ist das zwanzigste von zweiundzwanzig Kindern ihrer Familie. Sie wird zu früh geboren und wiegt nur knapp zwei Kilo. Nie ist sie wirklich gesund. Mit fünf Jahren erkrankt Wilma schließlich an Kinderlähmung. Sie überlebt, doch ihr linkes Bein und ihr linker Fuß bleiben dünn und schwach. Sie kann kaum gehen, geschweige denn laufen, springen oder tanzen.

Weil es für AfroamerikanerInnen in ihrer Heimatstadt kaum medizinische Versorgung gibt, fährt ihre Mutter mit ihr wöchentlich in ein entferntes Krankenhaus. Dort bekommt Wilma eine Beinschiene aus Metall und einen speziellen Schuh angepasst. Vier Mal täglich massieren ihre Mutter oder eines ihrer vielen Geschwister ihr krankes Bein.

Die Liebe und Sorge ihrer Familie zeigen Wirkung. Mit zwölf Jahren lernt Wilma, ohne Hilfsmittel zu gehen. Endlich kann sie mit ihren Geschwistern spielen – und die spielen am liebsten Basketball. Bald rennt auch Wilma über den Basketballplatz, als hätte sie nie etwas anderes getan.

Sie schließt sich ihrer Schulmannschaft an und holt für sie Punkt um Punkt. Bei einem der Spiele beobachtet sie der Leichtathletik-Trainer der Universität von Tennessee. Er ermutigt Wilma, sich als Läuferin zu versuchen. Obwohl sie erst vierzehn Jahre alt ist, beginnt sie mit den Leichtathletinnen der Universität zu trainieren und wird schließlich sogar Mitglied ihres Teams.

Sportliche Karriere

1956, als Wilma sechzehn ist, qualifiziert sie sich mit vier ihrer Teamkolleginnen für die Olympischen Spiele in Melbourne. Gemeinsam gewinnen sie im Staffellauf die Bronzemedaille. Wilma trägt sie stolz um den Hals, als sie in die Schule zurückkehrt. Ihre Zukunft scheint klar: Sie wird die Schule abschließen und dann die Universität besuchen, für die sie nun schon seit Jahren bei Laufwettbewerben antritt.

Und dann, bei den nächsten Olympischen Spielen, will sie die Goldmedaille holen. Doch davor passiert noch etwas anderes: In ihrem letzten Schuljahr, mit achtzehn Jahren, wird Wilma Mutter. Ihr Freund und sie bekommen eine Tochter namens Yolanda. Das wird damals nicht gern gesehen, und Wilma muss sich hämische Kommentare gefallen lassen: Das war’s wohl mit der Sportkarriere!

Dreifache Olympiasiegerin

Doch Wilma lässt sich nicht aufhalten. Sie macht ihren Schulabschluss, schreibt sich an der Universität ein und konzentriert sich auf ihr großes Ziel, die Olympischen Spiele 1960 in Rom. Dort tritt sie im 100 Meter-Sprint, im 200 Meter-Sprint und dem Staffellauf an. Und Wilma rennt.

Sie gewinnt den 100 Meter-Sprint mit einer Zeit von elf Sekunden. Sie gewinnt den 200 Meter-Sprint mit einer Zeit von vierundzwanzig Sekunden. Und gemeinsam mit ihrem Team gewinnt sie auch den Staffellauf.

Damit ist Wilma die erste Amerikanerin überhaupt, die drei Goldmedaillen auf einmal gewinnt. Die Welt ist hin und weg von der Ausnahmesportlerin. „Die schwarze Gazelle“ nennen sie die italienischen Zeitungen, „die schwarze Perle“ schreiben die französischen Blätter – und in Amerika nennt man sie wahlweise schlicht „die Königin“ oder „die schnellste Frau aller Zeiten“.

Kämpferin für die Rechte schwarzer Menschen

Ihre Heimatstadt will sie mit einer großen Parade empfangen – nach Hautfarben getrennt, wie es den damals geltenden rassistischen Gesetzen entspricht. Doch Wilma lässt den Veranstaltern ausrichten, dass entweder alle gemeinsam feiern oder gar nicht. Und so wird es das erste Fest in der Geschichte der Stadt, bei dem die Rassentrennungsgesetze aufgehoben sind.

In den Jahren danach gewinnt Wilma viele nationale und internationale Bewerbe und stellt Weltrekorde auf. Und dann, mit 22 Jahren, beendet sie ihre Karriere. Ihre Triumphe bisher seien ihr genug, erklärt sie fassungslosen Reportern.

Danach arbeitet Wilma als Lehrerin, Leichtathletik-Trainerin und Sportkommentatorin und setzt sich für viele karitative Zwecke ein. Als Prominente tritt sie im Fernsehen und Radio auf, unterstützt junge Sportlerinnen und Sportler und kämpft für die Rechte schwarzer Menschen.

Und sie heiratet ihre Jugendliebe, den Vater ihrer Tochter Yolanda. Zusammen bekommen sie noch drei weitere Kinder. Im November 1994 verstirbt Wilma Rudolph, die Unaufhaltsame, mit nur vierundfünfzig Jahren an Krebs. Ihre Geschichte wird in dutzenden Filmen und Kinderbüchern weiterhin erzählt.

(Quelle Ricarda Opis)